Rathausplatz (ehem. Schlossplatz)

Am Rathausplatz sind Zeugen aller Entwicklungsphasen der Altstadt von Waiblingen sichtbar. Ein Fenster in den Untergrund des Platzes gibt den Blick frei auf den mittelalterlichen Gewölbekeller des württembergischen Schlosses, das ehemals an dieser Stelle stand. Das Rathaus steht für den Neuanfang in den 1950er Jahren. Die Terrasse des Platzes bietet einen schönen Blick auf die heutige Erholungslandschaft entlang der Rems. Die abstrakte Groß-Skulptur von Richard Deacon symbolisiert das Gewirr der verwinkelten Gassen und Straßen der Altstadt. Als Repräsentant der Moderne bildet der zeitgenössiche Bau des „Marktdreiecks“ einen spannenden Kontrast zum Alten Rathaus und den renovierten Fachwerkfassaden der ehemaligen Scheuern in der Scheuerngasse, die heute zu Wohn- und Geschäftshäusern umgebaut worden sind.


Rathausapotheke (Kurze Straße 28)

Das Gebäude wurde 1643 auf einer Brandruine von 1634 erbaut. Es diente seit 1650 bis in jüngster Zeit ununterbrochen als Apotheke. Der Neidkopf an der Ecke mit der Inschrift OFFICIN. PHARMAC. BECHER stammt aus der Zeit von Matthias Becher (1686 – 1708), Materialist (Apotheker) und Bürgermeister. Der klassizistische Türsturz gegen die Zwerchgasse mit der Inschrift J. F. D. erinnert an eine Renovierung durch Jakob Friedrich Demmler, Apotheker 1792 – 1824. Das Fachwerk mit den Ornament-Ausmalungen nach den Originalfarben wurde 1980 freigelegt; grau bemaltes Fachwerk galt als besonders vornehm. Der Apothekergarten bei der Nikolauskirche (siehe Station 7) war von 1685 bis 1999 im Besitz des jeweiligen Inhabers dieser Apotheke.

Rathaus mit Rathausplatz (Kurze Straße 33)

Auf dem Gelände des 1959 erbauten Rathauses stand das aus dem Ende des 13. Jahrhunderts stammende und 1634 abgebrannte Schloss der Grafen von Württemberg. Davon gibt es lediglich eine ungenaue Darstellung von 1553, und von seiner Existenz zeugt nur noch der große Keller. Das heutige Rathaus mit dem Verwaltungsbau und dem getrennten Sitzungssaal des Gemeinderats liegt wegen der Hanglage über der Rems mit zwei von sechs Stockwerken unter dem Niveau des Rathausplatzes. Von hier hat man einen herrlichen Blick in die Parklandschaft von Erleninsel und Talaue. Bis ins 19. Jahrhundert hieß dieser Platz noch Schlossplatz. Auf den alten Schlosskeller war 1651 der herrschaftliche „Große Fruchtkasten“ gebaut worden, 1844 wurde die Schlossmauer, die das Schloss ehemals umgeben hatte, abgebrochen, und 1874 erfolgte hier der Bau eines Rathauses, das später für das heutige Rathaus abgebrochen wurde. Was vom Schloss übrigblieb, ist der große Schlosskeller aus dem 14. Jahrhundert, der heute beliebter Veranstaltungsort im Herzen der Altstadt ist und auch von Privatpersonen angemietet werden kann.

Das Mahnmal zum Gedenken an die Opfer der Weltkriege an der Wand des Sitzungssaales hat der Bildhauer Fritz Mehlis (1913-1982) geschaffen.

Die markante Skulptur des Künstlers Richard Deacon (*1949 Wales) „This is not a story“ von 1992 zeigt das abstrakt-verschlungene Gebilde einer nicht unterbrochenen Schleife. Deacon knüpft mit seiner Skulptur an die sich überlagernden historischen Schichten und an den kurvig-verbundenen Straßenverlauf der Waiblinger Altstadt an. Die Bezeichnung „This is not a story“ erfolgte in Anlehnung an einen Roman des französischen Schriftstellers und Philosophen der Aufklärung Denise Diderot (1713 – 1784).

Das Marktdreieck

Das Marktdreieck: kreativ-avantgardistische Bauweise oder Bausünde? Gegenüber liegt das 1976 vom Stuttgarter Architekten Wilfried Beck-Erlang (1924 – 2002) in spannungsreichem architektonischem Dialog mit der Altstadt-Topographie erbaute Marktdreieck, das aus farbigen ineinander verschachtelten Sechs-Ecken besteht. Der Bau in Stahlbeton-Skelettbauweise mit dreieckigem Grundriss, bei dem es weder Vorder- noch Rückseite gibt, passt sich mit nach oben kleiner werdender Grundfläche optimal der vorgegebenen Baufläche an. Die Fassade ist in Anlehnung an die umgebenden Fachwerkhäuser durch vertikale Streben unterteilt. Mit Grün und Blau als Komplementärfarben der benachbarten Fachwerkbauten folgt die Verkleidung aus beschichteten Aluminiumblechen einem besonderen Farbkonzept. Von der Scheuerngasse aus ist besonders gut erkennbar, wie sich das moderne Gebäude mit seiner Fassadengestaltung in die vorhandene Umgebung mit den alten Fachwerkhäusern einfügt. In diesem Verwaltungsbau befinden sich städtische Büros, Geschäfte sowie die Stadtbücherei. Beim Umbau und einer energetischen Sanierung (Wiedereröffnung 2011) wurde die Nutzfläche der Stadtbücherei verdoppelt. Ursprünglich standen an dieser Stelle alte, stark sanierungsbedürftige Gebäude, deren Erhalt sehr kostspielig gewesen wäre. Hinsichtlich des Sanierungskonzepts gab und gibt es zwei konträre Ansichten, die den jeweiligen Zeitgeist spiegeln: Einerseits wollte man mit einem der Moderne und dem Fortschritt verpflichteten neuen Gebäude den Wandel zur modernen Stadt markieren, um mit einer Neubebauung die verödete Altstadt wiederzubeleben und den Stadtkern aufzuwerten. Dem stand ein veränderter Blick mit Rückbesinnung auf das Bewahren und Erhalten alter Bausubstanz entgegen. Aus dieser Sichtweise wurde das neue Marktdreieck als städtebaulicher Sündenfall gesehen, der das Stadtbild verunstaltete. Das Marktdreieck als Kind seiner Zeit ist inzwischen Teil der Stadtgeschichte und aufgrund seiner Besonderheit fast zeitlos. Seit 2014 hat es den Status eines eingetragenen Kulturdenkmals der 1970er Jahre.

Ehemaliges Gasthaus Traube (Marktplatz 6)

In einem Vorgängerbau von 1647 war über 100 Jahre lang die erste Apotheke der Stadt untergebracht, bevor sie 1760 in das „Zacherhaus“ (Marktplatz 9) verlegt wurde. Nach Abbruch 1791/92 ließ der Metzgermeister Jakob Friedrich Häberle mit seiner Ehefrau Barbara den heutigen barocken Putzbau mit Mansardendach in seiner jetzigen Form erstellen. Von dem ehemals an der Straßenlängsseite mittig gelegenen Hauseingang sieht man heute noch den Schlussstein mit den Initialen des Erbauerehepaars I.F.H. (Jakob Friedrich Häberle) und B.H (Barbara Häberle), der Jahreszahl 1791 und dem Lamm Gottes mit der Kreuzesfahne als Hauszeichen. An der Nordostecke des Hauses ist noch ein Rest der alten Schlossmauer zu sehen. Ab 1842 erhielt das Spätbarockgebäude eine neue Nutzung: Nach der Heirat der Witwe Häberle mit dem „Speisenwirt“ Mangold wurde neben der Metzgerei auch eine „Speisenwirtschaft“ eingerichtet, die bis in die 1980er Jahre als Gaststätte Traube weiter existierte. Heute beherbergt das altehrwürdige Gebäude am Marktplatz ein Gourmetrestaurant.