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Von Wolfgang Wiedenhöfer

Das Regieren war dem, am 6. November 1754 auf Schloss Treptow in Brandenburg geborenen, Friedrich nicht in die Wiege gelegt. Im fernen Stuttgart regierte sein Onkel, Herzog Carl Eugen von Württemberg - noch kinderlos zwar, doch sicherlich würde der erst 26jährige noch ausreichend Zeit haben, Thronfolger zu zeugen. Wenn nicht, dann würde das Herzogtum an den zweitältesten Bruder des Herzogs, Ludwig Eugen fallen. So machten sich Eltern des Kleinen, der Vater Friedrich Eugen von Württemberg und die Mutter Prinzessin Friederike Dorothee Sophie von Brandenburg-Schwedt, Nichte des Preußenkönigs Friedrichs des Großen, Anfangs wahrlich keine Illusionen über die Zukunft ihres Sohnes. Die enge Verwandtschaft mit dem Preußischen Königshaus ermöglichte der jungen Familie eine einträgliche und angesehene Stellung im Preußischen Militär-dienst, fern der württembergischen Heimat.

Seine Jugend verbrachte Friedrich in der Grafschaft Mömpelgard, einer vor Generationen geerbten Württembergischen Besitzung in Burgund. Dort hatte der missgünstige Herzog Carl Eugen seinem Bruder die Statthalterschaft angeboten, nachdem der den Preußischen Militärdienst quittiert hatte – politisch ohne Bedeutung, ein rein familiärer Akt um den Bruder samt Familie wirtschaftlich zu versorgen, und fern des Einflussbereichs der württembergischen Staatsgeschäfte, in die der Herzog sich von den Geschwistern keinesfalls reinreden lassen wollte. Dort erhielt der kleine Prinz Friedrich die bestmögliche Ausbildung, geprägt von den weltoffenen Ideen seines Elternhauses. Seine Studienjahre verbrachte er in der Schweiz, schließlich trat auch er, wie sein Vater, 1774 in den preußischen Militärdienst ein. Hier konnte der intellektuelle und kulturell interessierte Prinz aus Württemberg in engen Kontakt zu seinem kunstsinnigen Großonkel König Friedrich II. von Preußen treten.

Protegiert vom Preußenkönig lernte Friedrich seine erste Frau, Prinzessin Auguste Karoline von Braunschweig-Wolfenbüttel kennen, die er 1779 heiratete. 1781 wurde der erste Sohn geboren, Prinz Friedrich Wilhelm Karl, der spätere König Wilhelm I. von Württemberg, im Februar 1783 folgte ihm die Tochter Katharina. Doch das Familienglück war nur von kurzer Dauer. Augustes ausnehmend gutes Aussehen und ihr offenkundiger Hang zur Koketterie vertrugen sich nicht mit Friedrichs offensichtlicher Eitelkeit, es kam zu dramatischen Eifersuchtsszenen bis hin zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen den Eheleuten, die Beziehung zerbrach Ende 1786, das Paar trennten sich. Auguste verstarb im September 1788, noch bevor die Scheidung vollzogen werden konnte.

Mittlerweile begannen sich in Stuttgart die politischen Umstände drama-tisch zu Friedrichs Gunsten zu verschieben: Herzog Carl Eugen war 1793 kinderlos gestorben, sein Bruder Ludwig Eugen, Friedrichs Onkel und ebenfalls ohne männliche Nachkommen, hatte den Thron geerbt. Schon 19 Monate nach seinem Amtsantritt verstarb Herzog Ludwig Eugen überraschend an den Folgen eines Herzschlags – Friedrichs Vater Friedrich Eugen war nun regierender Herzog von Württemberg und Friedrich selbst Kronprinz.

Im Mai 1797 heiratete Friedrich seine zweite Frau, die Tochter des engli-schen Königs Georg III. Prinzessin Charlotte von Großbritannien und Irland. Bereits im Dezember 1797 folgte Friedrich seinem überraschend verstorbenen Vater als Herzog Friedrich II. auf den Württembergischen Thron.

Friedrich trat seine Herrschaft in politisch unruhigen Zeiten an. Das Alte Reich lag in seinen letzten Zügen, die Habsburgermonarchie kämpfte einen verzweifelten Kampf gegen Napoleon und Württemberg drohte in den Auseinandersetzungen zerrieben zu werden. Erst 1801, im Friedensvertrag zwischen dem Deutschen Reich und der Französischen Republik, konnten die Südweststaaten Baden, Württemberg und Bayern ihre Interessen durchsetzen. Schließlich bekam das Herzogtum Württemberg im Reichsdeputationshauptschluss 1803 die Kurwürde zugesprochen, das lange angestrebte Recht, bei der Kaiserwahl mit abzustimmen. Das ehemals kleine Herzogtum wurde durch Gebietserweiterungen zu einem veritablen politischen Schwergewicht.

Im Glanz der Kurfürstenwürde konnte sich Friedrich II. nur wenige Monate sonnen. Zwei Jahre später, im Herbst 1805, spitzten sich die Entwicklungen dramatisch zu: Napoleon setzte zum finalen Todesstoß gegen das fast 900 Jahre alte Heilige Römische Reich Deutscher Nation an und marschierte mit 80.000 Mann auf Stuttgart und Ludwigsburg. Herzog Friedrich II. von Württemberg musste sich entscheiden und wechselte angesichts der militärischen Überlegenheit Napoleons die Fronten. In einer 1 ½ stündigen Unterredung wurden zwischen Napoleon und Friedrich am 5. Oktober 1805 im Ludwigsburger Schloss die Weichen für den württembergisch-französischen Bündnisvertrag gestellt. Nur zwei Monate später brachte Napoleon in der Schlacht von Austerlitz den habsburgisch-russischen Truppen eine vernichtende Niederlage bei. Bei den anschließenden Friedensverhandlungen in Brünn wurden die Süddeutschen Fürstentümer Baden, Württemberg und Bayern für ihre Bündnistreue mit Standeserhöhungen belohnt. Friedrich hatte hoch gepokert – und gewonnen: Württemberg war Königreich.

Johann Baptist Seele (1774–1814): König Friedrich I. von Württemberg im Krönungsornat

Abb. Header: Unbekannter Künstler, Ansicht von Waiblingen (um 1825), Federlithografie; Bestand Archiv der Stadt Waiblingen